Was ist Dankbarkeit?
Aktualisiert: 23. Nov. 2020

"Nicht die Glücklichen sind dankbar, sondern die Dankbaren sind glücklich"
Warum ist das so? und Was genau bedeutet das?
Dankbarkeit ist eines der Gefühle, die ins glücklich sein führen sollen. So heißt es zumindest auf fast jeder spirituellen Zeitschrift. Auch in vielen Büchern ist davon die Rede. Einer der für mich schönsten Sprüche dazu ist, „Nicht die Glücklichen sind dankbar, sondern die Dankbaren sind glücklich“.
Ich fand es inspirierend, dass die Kultivierung von nur einem Gefühl mich glücklich machen soll. Also tat ich es. Ich ließ mir das 6-Minuten Tagebuch schenken, indem täglich auch Dankbarkeit geübt werden kann. Als ich mich dann also in meinem 6-Minuten Tagebuch mit den Dingen beschäftigte für die ich dankbar bin, konnte ich etwas in mir kurz aufleuchten fühlen. Es war wie ein Glücksfunken. Kurz da und schnell wieder weg. Ich fand es ziemlich unspektakulär und fand zu seiner tiefen Botschaft erst nach einer Zeit der Übung, denn Glücksfunken wollen gesammelt werden, und über eine kleine schriftliche Analyse. Ich fragte mich, was Dankbarkeit für mich persönlich ist und was ich damit verknüpfe.
Dazu möchte ich kurz erwähnen, wie in meiner Familie „Dankbarkeit“ ausgelegt wurde. Es gab dafür keine Erklärung, keine Beschreibung. Ich erinnere mich aber noch sehr genau an die Schuldgefühle, die in mir auftauchten, sobald es hieß, ich sei undankbar. Ich hörte immer wieder von den "undankbaren Kindern", nie aber hörte ich von einem Menschen, der als positiv-Beispiel galt, einen der dankbar ist. Das Gefühl der Dankbarkeit oder das, was da verlangt und erwartet wurde von mir, waren mir total unklar. Ich wurde damit allein gelassen und fühlte mich schuldig. Ich frage mich, warum wir nicht mit Dankbarkeit erzogen wurden, wenn es so wichtig war!? Das Gefühl, was mir ständig vermittelt wurde war so was wie „Du bist nicht gut genug“. Es wurde von mir verlangt etwas zu „leisten“ von dem ich nicht wusste, was es ist! Dann war ich angeklagt und fühlte mich machtlos.
Folgende Erfahrung ploppte in mir auf, als ich mich fragte, was Dankbarkeit für mich ist:
Ich kann mittlerweile auf einige gescheiterte Beziehungen zurückblicken. Unter diesen einigen, findet sich eine, die mir sehr viel Herzschmerz bereitet hat. Diese Beziehung scheint mir ein gutes Beispiel für eine Zeit zu sein, in der ich mich mit Dankbarkeit noch nicht bewusst beschäftigte.
Ich lernte diesen einen jungen Mann auf einer Hochzeit kennen, etwa zwei Monate nachdem ich mich von einem quasi Tyrann getrennt habe. Ich fühlte mich frei, lebendig, sexy, und tief zufrieden mit mir und meinem Leben. Er war ein wenig jünger als ich und hatte die lebendigsten und freudigsten Augen, die ich bis dahin gesehen habe. Er wirkte verspielt und sehr entspannt. Er versteckte nicht, dass er mich sehr anziehend fand, was mir besonders imponierte. Das Spiel, welches ich zuvor mit vielen anderen spielte, bevor wir ehrlich zeigen konnten, dass wir einander mögen, war hier nicht nötig. So gefiel es mir und es fühlte sich sehr befreiend an.
Wir verbrachten direkt zwei Tage später das schönste Date, das ich je hatte. Zu der Zeit verbrachte er seine Ferien in der Stadt, in der ich wohnte und wir sahen uns zwei Wochen lang, beinahe täglich.
Als er wieder in seinem Ort arbeiten musste, sahen wir uns weniger. Doch die zwei Stunden Autofahrt hielten ihn nicht davon ab, auch unter der Woche für einen Abend zu mir zu kommen. Er bemühte sich so sehr um mich, ich konnte nur schwer glauben, dass ein so attraktiver junger Mann so sehr auf mich abfährt.
Nach einigen Monaten zog er zu mir und wir wohnten zusammen. Es war alles sehr wunderschön.
Mit der Zeit allerdings, wurde eine bekannte Stimme in mir immer lauter. Sie sagte immerzu „Pass auf, der wird Dich wegen einer jüngeren, hübscheren, wegen einer ohne Kind verlassen. Vielleicht betrügt er Dich.“ Ich bemerkte, dass ich Angst bekam. Ich war an einem inneren Punkt angekommen, an dem ich weiter wollte, aber nicht weiter wusste. Alles, was ich bis dahin wusste, konnte mir nicht weiter helfen. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie ich mich „fallen lassen“ konnte, wie ich wirklich vertrauen konnte, wie ich die Angst vor dem verletzt werden loslassen konnte. Ich mochte ihn so sehr, dass ich fühlte, dass ich noch mehr von der Beziehung wollte, als das, was ich bis dahin in meinem Leben erfahren hatte.
Gefühlt stand ich vor einer Tür, hinter der ich noch mehr Angst und viel Schmerz vermutete. An diesem Punkt überlegte ich, mir Hilfe zu holen.
Da ich offen reden konnte und wollte, erzählte ich meinem Partner von meinem Dilemma. Leider war mein Partner dafür nicht empfänglich. Er war ein sehr reifer Mann, der wusste, was er will, aber an der Stelle habe ich mich weder gesehen, noch unterstützt gefühlt.
Ich suchte mir keine Hilfe. Ich war enttäuscht. Wir schwiegen immer mehr. Ich verkroch mich mit meinen Gefühlen, hatte viel Angst und beschloss dann irgendwann, keine Angst mehr zu haben. Leider war diese innere Entscheidung der Anfang von unserem Ende. Die Beziehung hatte in mir die Glaubenssätze „Ich bin nicht gut genug“ und „Ich habe es nicht verdient geliebt zu werden“, so sehr präsent werden lassen, dass ich nur noch nach Bestätigung dafür suchen konnte. Ich habe nichts anderes mehr gesehen. Ich habe seine lieben Nachrichten, seine Zuwendungen, seine alltäglichen kleinen Geschenke an mich nicht mehr gesehen. Der Fokus hat sich drastisch verschoben von Liebe zu Angst. Ich habe irgendwas gebraucht, was er mir nicht hat geben können.
Ich habe ihn verantwortlich gemacht für mein Glück und beendete die Beziehung mit den Worten „Du bist nicht der Mann der mich glücklich machen kann“.
Ich hatte so Recht! Er konnte es nicht und es war auch nie seine Aufgabe! Das was ich über mich gedacht habe, war entscheidend dafür, wie die Beziehung verlief. Es war entscheidend dafür, ob Liebe und damit Glück in mein Herz kam oder mein alter Bekannter, der Schmerz.
Als er mich kennenlernte und ich ihn, fühlte ich mich wie eine Königin, die unabhängig, selbstwirksam und selbstbestimmt ist. Mein Selbstwertgefühl war auf einem guten Level und ich konnte mich gut auf diese Liebesbeziehung einlassen. Später begann die Beziehung tiefer zu werden. Ich bemerkte, wie viel er mir bedeutete und fühlte, dass ich meine persönlichen Grenzen erreichte. Ich erreichte die Grenze des Zustandes in dem ich mich sicher und geschützt fühlte. Hinter diesen Grenzen kannte ich mich nicht aus. Ich wollte mich fester binden, ihm näher sein, tiefere Liebe erleben und wusste nicht wie.
Ich fühlte so was wie Abhängigkeit. Ich fühlte, dass mein Selbstwertgefühl von ihm abhängt. Das mochte ich wiederum nicht, denn, als ich Kind war, sind meine Eltern mit meinen Bedürfnissen nicht gut umgegangen. Ich musste mich also wieder schützen. Das war für mich logisch. Ich konnte kein Vertrauen aufbauen! Ich habe auch ihm unterstellt, dass er mich, meine Liebe und Zuneigung nicht gut behandeln würde, er könnte mich ja ersetzen und ich werde verletzt. Ich hatte auf einmal das Gefühl ich liebe ihn mehr, als er mich. Ich fühlte mich minderwertig und schwach. Es braute sich ein Kuddel Muddel in meinem Kopf und meinem Körper zusammen und ich brauchte irgendwann einfach nur noch Kontrolle über mich! Ich wollte keine Verwirrung und keine Angst, ich wollte Freiheit und Unabhängigkeit! Vor allem aber, wollte ich mich wieder gut fühlen.
Diese Geschichte hat viele Facetten. Und eine davon ist die Dankbarkeit.
Was wäre gewesen, wenn ich gelernt hätte, wie Menschen Ihre Liebe leben, liebevoll zueinander sind und sich in Liebe verbinden? Wenn ich gelernt hätte, wie Menschen einander immer wieder zeigen, dass sie Königinnen und Könige sind, und keine Bettler?
Heute denke über alles das nach, was ich in dieser Beziehung empfangen durfte. Ich wurde wie eine Königin behandelt, aber ich fühlte es nicht durchgängig. Ich konnte es nicht, denn tief in mir, war ich immer noch eine Bettlerin, die einen König an ihrer Seite hatte. Innen und Außen haben nicht zusammengepasst. Das, was ich tief glaubte und das, was ich bekam waren zu unterschiedlich.
Mir war zu dem Zeitpunkt weder bewusst, was ich über mich selbst denke und glaube, noch, was mir wichtig ist und was mir gut tut. Ich konnte die Schätze, die ich in meinem Leben hatte, die mir geschenkt wurden, nicht erkennen. Es scheint so, als hätte mir der bewusste Sinn dafür gefehlt. Als hätte die Tür gefehlt, durch die all das Schöne in meine Welt hätte rein kommen können.
An der Stelle, an der mein Bewusstsein seine Grenzen erreicht hatte, zeigte sich das, was wirklich in mir war.
An dieser Stelle möchte ich nicht behaupten, dass das Unterbewusstsein schlecht zu betrachten ist. Es ist sogar das ehrlichste in uns. Es zeigt einfach ohne Wertung den Ist-Zustand. Und ich habe das getan, was bis dahin immer funktioniert hat, sobald es schwierig wurde; ich habe mich geschützt. Eine wichtige Frage wäre hier, wovor ich mich geschützt habe und was ich erhalten wollte. Was habe ich verhindert?
Dankbarkeit ist in meiner Welt die Fähigkeit, Liebe zu erkennen und anzuerkennen. Mein Partner liebte mich, auch über die Trennung hinweg. Seine Augen leuchteten, er lächelte, er sah mich an, als wäre ich der größte Schatz auf Erden, er begehrte mich, er spielte mit meiner Tochter, er bemühte sich, dass wir uns im Alltag arrangieren. Er kochte seine ersten Gerichte für uns und er legte viele, viele Kilometer zurück, um mich für ein paar Stunden sehen zu können. Wenn ich diese Liebe, die mir fortwährend zufloss, erkannt hätte, als das was sie ist, hätte ich sehr viel tiefe Verbundenheit herstellen können zwischen uns. Ich hätte den Gedanken über mögliche Situationen in der Zukunft weniger Macht gegeben, weil das, was wirklich für mich da war, viel mehr war! Es scheint alles eine Frage der Aufmerksamkeit zu sein. Eine Frage dessen zu sein, was ich mir in meinem Leben wünsche und ob ich bereit bin die Tür zu öffnen. (Die Tür kann nur von innen geöffnet werden!)
Was ich über mich selbst denke und wie viel Bewusstsein ich für das habe, was vor mir ist, entscheidet darüber ob ich mich in Liebe verbinden kann oder nicht. Ob ich die Geschenke meines Gegenübers erkennen und wertschätzen kann. Ob ich auf Liebe, mit Liebe antworten kann. Ob ich dankbar sein kann. Wenn ich Dankbarkeit, als Worte an mein Gegenüber gerichtet beschreiben würde, wäre es so was wie „Ich sehe und fühle Dich und deine Liebe. Ich sehe, dass das, was Du mir anbietest Liebe ist!“
Liebe kann nur von Liebe selbst gesehen werden.
Diese Erfahrung ist ein Beispiel für die Abwesenheit von Dankbarkeit. Erst im Nachhinein erkannte ich, was ich versäumt hatte. Es war aber eine wichtige Erfahrung aus der ich immer noch lerne.
Mein Dankbarkeitssinn hat sich mittlerweile sehr gut ausgebildet. Stück für Stück in Geduld und Liebe zu mir. Teil dieses Entwicklungsprozesses ist auch mein jetziger Mann. Ich fühle mich mit meiner Liebe zu ihm jederzeit gesehen. Ich muss keine großen Kunststücke vollbringen. Eine Umarmung, ein Essen, ein liebes Wort oder auch einfach nur, dass ich zuhöre. Für all das und noch mehr findet er anerkennende Worte. Ich fühle mich mit meinem Wert und meiner Liebe gesehen und geschätzt. Er ist dankbar, dass ich in seinem Leben bin! Andersherum ist es so, dass ich seine Liebe in Form von unterschiedlichen Geschenken erkennen kann. Liebe zu äußern kann auf unterschiedlichen Wegen erreicht werden. Jede seiner Liebes-Taten ist ein Schritt auf mich zu, ist ein "Ich sehe Dich!", "Du bist wertvoll". Liebe erschafft Verbundenheit.
Nur Liebe kann Liebe erkennen. Wenn ich keine Liebe erkennen kann, fehlt es mir an Liebe.
Und wenn es mir an Liebe fehlt, kann ich nicht glücklich leben.
Dankbarkeit verbindet! Und sich verbunden zu fühlen in Liebe, sich als wertvollen Teil von etwas Großartigem zu empfinden, macht sehr glücklich. Das Leben bekommt einen wunderbaren Sinn.
Ich erlebe das Gefühl von Dankbarkeit nicht nur mit Menschen. Ich erlebe tiefe Dankbarkeit und Verbundenheit auch in der Natur. Wenn ich spazieren gehe und all das wahrnehme und schätze, was für mich da ist, die Stille, den Raum, die Bäume, den Wind, der um mich und durch die Baumkronen rauscht, die Sonne und ihre Wärme, den Geruch von frisch gemähtem Gras oder von leichtem Sommerregen, das Gefühl von jungen oder älteren Blättern zwischen meinen Fingern und vieles mehr......
All das habe ich in vielen Momenten nur für mich. Und ich kann spüren, dass ich ein wichtiger Teil dieses Reichtums um mich herum bin.